Sie möchten wissen, was Ihre Immobilie aktuell wert ist und stoßen dabei auf Begriffe wie „Verkehrswert”, „Marktwert” und „voller Wert”? Wir erklären Ihnen, was dahintersteckt und welche Methoden Sie zur Wertermittlung nutzen sollten.
Immobilien sind wertvolles Eigentum und gewinnen oft im Laufe der Zeit an Wert. Doch gerade weil Immobilienpreise Schwankungen unterliegen, ist es wichtig, den aktuellen Wert Ihrer Wohnung, Ihres Hauses oder Ihres Grundstücks zu kennen. Wissen Sie, was Ihre Immobilie heute wirklich wert ist?
In diesem Artikel erfahren Sie alles, was Sie über den Verkehrswert wissen müssen – einfach erklärt und auf dem neuesten Stand der Gesetzeslage in Österreich (Stand: 2025).
Der Verkehrswert ist jener Preis, der zum aktuellen Zeitpunkt bei einem Verkauf einer Immobilie unter normalen Marktbedingungen erzielt werden kann – ohne Berücksichtigung persönlicher Vorlieben oder emotionaler Bindungen.Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet § 2 Abs. (2-3) des Liegenschaftsbewertungsgesetzes (LBG): „Verkehrswert ist der Preis, der bei einer Veräußerung der Sache üblicherweise im redlichen Geschäftsverkehr für sie erzielt werden kann. Die besondere Vorliebe und andere ideelle Wertzumessungen einzelner Personen haben bei der Ermittlung des Verkehrswertes außer Betracht zu bleiben.”
Die Begriffe „Voller Wert” und „Marktwert” sind Synonyme, die im Allgemeinen auch gängig sind. Abzugrenzen ist der Verkehrswert jedoch vom Beleihungswert, den Banken für Finanzierungen intern ansetzen und der in der Regel bei 80% vom Verkehrswert liegt.
In Österreich werden bei der Immobilienbewertung standardisierte Verfahren angewandt. Je nach Art der Immobilie kommt entweder das Vergleichswertverfahren, das Sachwertverfahren oder das Ertragswertverfahren in Frage.
Für unbebaute Grundstücke und Eigentumswohnungen wird in der Regel der Vergleichswert als Verkehrswert ermittelt. Der Vergleichswert orientiert sich an Verkaufspreisen pro Quadratmeter von möglichst ähnlichen Immobilien. Wenn Sie eine ausreichende Anzahl vergleichbarer Verkäufe ermitteln können, lässt sich der Vergleichswert für Ihre Immobilie davon ableiten.
Da jedoch nur selten eine optimale Anzahl vergleichbarer Immobilienverkäufe vorliegt, werden zeitliche Abweichungen berücksichtigt, um einen möglichst aktuellen Verkehrswert zu ermitteln. Liegen vergleichbare Verkäufe zum Beispiel zwei Jahre zurück, dann muss die Wertentwicklung in diesem Zeitraum geschätzt und einkalkuliert werden. Auch entsprechende Abweichungen hinsichtlich Vergleichsfaktoren wie Ausrichtung der Wohnung bzw. des Grundstücks werden durch Zu- bzw. Abschläge berücksichtigt.
Dennoch ist das Vergleichswertverfahren in Österreich um einiges verlässlicher als in anderen Ländern, da Kaufverträge in Österreich öffentlich einsehbar sind.
Dieses Verfahren wird insbesondere für Häuser (z.B. Einfamilienhäuser, Reihenhäuser, Doppelhaushälften) genutzt, die überwiegend selbst genutzt und nicht vermietet sind. Der Sachwert beschreibt die fiktiven Wiederherstellungskosten eines Gebäudes (abzüglich einer altersbedingten Wertminderung) inklusive Grundstück. Der aktuelle Zustand ist deshalb besonders wichtig. Wenn notwendige Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen aufgeschoben wurden, mindert das den Sachwert der Immobilie. Allerdings werden auch beim Sachwertverfahren aktuelle Vergleichswerte benötigt, insbesondere um den aktuellen Wert des Grundstücks zu ermitteln. Wichtige Einflussfaktoren sind im Sachwertverfahren daher etwa:
Baujahr und Bauqualität
Zustand von Dach, Fassade, Heizung, Elektrik
Aktuelle Baukosten
Grundstückswert nach aktuellen Marktpreisen
Mietshäuser, Mehrfamilienhäuser und Gewerbeimmobilien werden nach dem Ertragswertverfahren geschätzt, weil der zu erzielende Ertrag im Vordergrund steht. Diese Methode ist somit vor allem für Investoren relevant, die Immobilien als Kapitalanlage nutzen. Der Ertragswert berechnet sich vor allem aus den laufenden Einnahmen durch Miete oder Pacht, abzüglich laufender Ausgaben (Instandhaltung, Verwaltung, Leerstände). Dabei wird eine Vermietung zu den vor Ort marktüblichen Mietpreisen berücksichtigt.
Grundsätzlich ist es möglich, den Verkehrswert anhand von Online-Rechnern oder Vergleichspreisen selbst grob einzuschätzen. Diese Ergebnisse liefern jedoch nur Orientierungswerte.
Für eine rechtssichere und präzise Bewertung – etwa bei gerichtlichen Auseinandersetzungen oder Bankfinanzierungen – empfiehlt sich die Erstellung eines amtlichen Wertgutachtens durch einen zertifizierten Immobilien-Sachverständigen in Österreich.
Der Verkehrswert ist die Basis für faire Kaufpreise, Finanzierungsentscheidungen und eine realistische Einschätzung des eigenen Vermögens. Eigentümer profitieren, da sie wissen, welchen Wert ihre Immobilie am Markt hat – und Käufer können fundiert prüfen, ob der Preis angemessen ist.
Praxis-Tipp: Behalten Sie die Immobilienmarktberichte der Statistik Austria, der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) oder der Immobilienplattformen im Blick. Ein regelmäßiger Check hilft Ihnen, Markttrends zu erkennen und rechtzeitig Entscheidungen (Verkauf, Teilverkauf, Vermietung, Sanierung) zu treffen.
Ist der Verkehrswert das Gleiche wie der Kaufpreis?
Nein. Der Verkehrswert gibt den theoretisch erzielbaren Marktpreis wieder. Der tatsächliche Kaufpreis kann durch individuelle Verhandlungen höher oder niedriger ausfallen.
Wer darf ein offizielles Gutachten erstellen?
Nur allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Immobiliensachverständige in Österreich, die nach geltendem Liegenschaftsbewertungsgesetz arbeiten.
Welche Faktoren beeinflussen den Verkehrswert am stärksten?
Neben Lage und Größe, vor allem Zustand, Baujahr, Energieeffizienz, Ausstattung, aktuelle Baukosten und die aktuelle Marktlage.
Was kostet ein offizielles Gutachten?
Die Kosten hängen von Art und Umfang der Immobilie ab. In Österreich liegen die Preise meist zwischen 1.500 und 3.500 Euro.